Schulterluxation

Die Schulterluxation beschreibt das vollständige oder teilweise Ausrenken des Schultergelenks, bei dem der Oberarmkopf (Humeruskopf) aus der Gelenkpfanne (Glenoid) herausgleitet. Aufgrund der besonderen Beweglichkeit und Anatomie des Schultergelenks ist es das am häufigsten von Luxationen betroffene Gelenk. Eine Schulterluxation kann akut durch ein Trauma oder chronisch durch Instabilität des Gelenks entstehen. Diese Verletzung erfordert eine schnelle medizinische Behandlung, um langfristige Schäden zu vermeiden.

Klassifikation von Schulterluxationen

Schulterluxationen werden nach Richtung, Ursache und Stabilität klassifiziert:

  1. Nach Richtung:
    • Vordere Luxation (anterior): Der Humeruskopf verschiebt sich nach vorne aus der Gelenkpfanne. Häufigste Form der Luxation.
    • Hintere Luxation (posterior): Der Humeruskopf wird nach hinten gedrückt, oft durch Krampfanfälle oder starke Krafteinwirkung.
    • Inferiore Luxation (luxatio erecta): Seltene Form, bei der der Humeruskopf nach unten gleitet.
  2. Nach Ursache:
    • Traumatische Luxation: Durch direkte Krafteinwirkung oder Sturz auf den ausgestreckten Arm.
    • Atraumatische Luxation: Aufgrund von angeborener oder erworbener Instabilität, beispielsweise bei Überbeweglichkeit.
  3. Nach Stabilität:
    • Erstluxation: Erstmals aufgetretene Luxation, oft durch Trauma.
    • Rezidivierende Luxation: Wiederholtes Ausrenken des Schultergelenks, meist durch chronische Instabilität.

Ursachen von Schulterluxation

Die Ursachen einer Schulterluxation können in traumatische und atraumatische Faktoren unterteilt werden:

  • Traumatische Ursachen:
    • Stürze auf den ausgestreckten Arm, beispielsweise bei Sportarten wie Handball, Rugby oder Skifahren.
    • Direkte Krafteinwirkung auf die Schulter, etwa durch Verkehrsunfälle.
  • Atraumatische Ursachen:
    • Angeborene oder erworbene Gelenkinstabilität, oft durch Überbeweglichkeit (Hypermobilität).
    • Wiederholte Belastungen bei Überkopfsportarten wie Volleyball oder Tennis.
  • Begleitende Faktoren:
    • Schwäche der Rotatorenmanschette oder des Labrum glenoidale (Knorpellippe der Gelenkpfanne).
    • Vorangegangene Schulterverletzungen, die das Gelenk instabil machen.

Symptome von Schulterluxation

Die Symptome einer Schulterluxation sind häufig eindeutig und umfassen:

  • Starke Schmerzen: Akute Schmerzen im Bereich der Schulter, insbesondere direkt nach der Luxation.
  • Bewegungseinschränkungen: Der Arm lässt sich kaum oder gar nicht mehr bewegen.
  • Deformität: Sichtbare Verlagerung des Oberarmkopfes und eine „leere“ Schulterpfanne.
  • Schwellung und Blutergüsse: Lokale Entzündungsreaktionen durch Gewebeverletzungen.
  • Taubheitsgefühl oder Kribbeln: Neurologische Symptome durch Kompression von Nerven, wie dem N. axillaris.
  • Kraftverlust: Einschränkungen der Muskelkraft, insbesondere bei Armbewegungen.

Diagnose von Schulterluxation

Die Diagnose erfolgt durch Anamnese, klinische Untersuchung und bildgebende Verfahren:

  • Anamnese:
    • Erhebung der Unfallmechanik, Dauer der Beschwerden und vorherige Luxationen.
  • Körperliche Untersuchung:
    • Sicht- und Tastbefund zur Beurteilung der Gelenkposition.
    • Tests auf neurologische Ausfälle oder Durchblutungsstörungen, beispielsweise des N. axillaris.
  • Bildgebung:
    • Röntgen: Bestätigung der Luxation und Ausschluss von Begleitfrakturen.
    • MRT: Zur Beurteilung von Weichteilschäden, wie Rotatorenmanschettenverletzungen oder Labrumrissen.
    • CT: Detaillierte Darstellung knöcherner Verletzungen oder Defekte.

Behandlungsmöglichkeiten von Schulterluxation

Akutbehandlung

  • Reposition: Das Schultergelenk wird durch gezielte Manöver, wie die Hippokrates- oder Kocher-Methode, wieder eingerenkt. Dies sollte stets durch einen Arzt erfolgen.
  • Schmerztherapie: Gabe von Schmerzmitteln und Muskelrelaxantien während der Reposition.

Konservative Therapie

Nach der Reposition erfolgt in vielen Fällen eine konservative Nachbehandlung:

  • Ruhigstellung: Immobilisation der Schulter mit einer Schlinge oder Bandage für 1–3 Wochen.
  • Physiotherapie:
    • Gezielte Übungen zur Wiederherstellung der Beweglichkeit und Stabilität.
    • Stärkung der Rotatorenmanschette und der stabilisierenden Muskulatur.
  • Schmerztherapie:
    • NSAR: Zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen.

Operative Therapie

Bei rezidivierenden Luxationen oder schweren Begleitverletzungen ist eine Operation erforderlich:

  • Labrumrefixation: Wiederbefestigung des abgerissenen Labrum glenoidale (Bankart-Läsion).
  • Rotatorenmanschettenrekonstruktion: Behandlung von Sehnenschäden.
  • Knöcherne Stabilisierung: Versorgung von Frakturen oder knöchernen Defekten (Latarjet-Operation).
  • Arthroskopische Verfahren: Minimalinvasive Eingriffe zur schnellen Rehabilitation.

Präventionsmaßnahmen von Schulterluxation

Zur Vorbeugung von Schulterluxationen und zur Verbesserung der Gelenkstabilität sind folgende Maßnahmen empfehlenswert:

  1. Kräftigung der Schultermuskulatur: Regelmäßiges Training der Rotatorenmanschette und der stabilisierenden Muskulatur.
  2. Ergonomische Bewegungen: Vermeidung riskanter Bewegungen oder Überkopfbelastungen.
  3. Schutzmaßnahmen: Verwendung von Schulterbandagen bei Sportarten mit hohem Verletzungsrisiko.
  4. Rehabilitation nach Verletzungen: Konsequente Physiotherapie zur Stabilisierung des Gelenks nach einer Luxation.
  5. Früherkennung: Regelmäßige ärztliche Untersuchungen bei Instabilitätsbeschwerden.